Vortrag von Priv.-Doz. Dr. L. Joseph Heid
06. Juni 2016
Karmel-Begegnungsstätte - 19.30 bis 21.45 Uhr
Karmelplatz 3, Duisburg-Mitte
Seit Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Duisburg einen nennenswerten Zuzug von osteuropäischen Juden, die infolge zaristischer Pogrome nach Deutschland geflohen waren. Diese sog. Ostjuden waren Menschen, die dem mittelständischen, kleinbürgerlichen und dem proletarisierten Milieu entstammten. Sie waren traditionsbewusst und entsprachen dem Bild von „typischen“ Äußerlichkeiten in Kleidung, Haartracht, Sprache und Gestik. Sie wohnten unter sich inmitten der Duisburger Altstadt. Wohn- und Geschäftsstraßen der „kleijnen Leit“ waren die Beekstraße, die Universitätsstraße, die Münzstraße und der Sonnewall, der Friedrich Wilhelm Platz und die in dieser Gegend liegenden Sträßchen und Gassen, die das alte Duisburg in diesen Jahren noch prägten. Da fanden sich Kleinhandelskaufleute und Vertreter und vornehmlich Nahrungsmittelhandwerker: Metzger, Bäcker, meist mit kleinem Ladengeschäft.
Dann: Milchläden, Fischgeschäfte, koschere Lebensmittel, Eierhandlungen. All das ist durch die Verwerfungen des NS-Regimes unwiederbringlich vernichtet worden.
Die Lage der kleinen Synagoge (Schtibl) in der Universitätsstraße zwischen Steinscher Gasse und Beekstraße markierte zugleich den Kristallisationspunkt des Ostjudenviertels in Duisburg. Oder, metaphorisch gesprochen, die jüdische Altstadt war das osteuropäische Schtetl der Stadt Duisburg, kurz: das Ostjudenviertel war in kleinem Maßstab etwa mit dem zu vergleichen, das damals in Berlin um die Grenadierstraße herum bestand und als Scheunenviertel bekannt ist.
Priv.-Doz. Dr. L. Joseph Heid, Historiker, Literaturwissenschaftler, Publizist.
Zahlreiche Publikationen zur deutsch-jüdischen Beziehungs- u. Literaturgeschichte, Sozialgeschichte (Arbeiterbewegung) und zum Ostjudentum. Freier Mitarbeiter u.a.: Süddeutsche Zeitung; DIE ZEIT; Die Welt; Der Freitag; Jüdische Allgemeine; Tachles (Zürich). Mitherausgeber der Judacia-Reihe des Campus-Verlages Frankfurt.
Teilnahmegebühr: 4.50 €